Analyse 25

Analyse des Privatgutachters Dr. X. Y. (Mitarbeiter oder Beauftragter der Krankenversicherung / Beklagte)

Gutachter: Dr. X. Y., Köln / Deutschland

Vorbemerkung

Dr. X. Y. hat 1982 – 1987 an der Universität Würzburg auf Kosten der deutschen Bundeswehr Zahnmedizin studiert und nach Ablauf seiner Dienstzeit war er im Wesentlichen außerzahnärztlich tätig. Er betreibt unter einer deutschen privaten Krankenversicherung eine Praxisgruppe, die ein Konkurrenzunternehmen zu den niedergelassenen Zahnärzten darstellt.

In dieser Praxisgruppe gibt es keinen einzigen chirurgisch oder prothetisch tätigen Implantologen, der sich für das Gebiet der Corticobasal® Implantate weitergebildet hat. Somit steht diese moderne implantologische Disziplin in der Praxisgruppe gar nicht zur Verfügung.

Durch ablehnende Stellungnahmen ist es gelegentlich Herrn Dr. Y. in manchen Einzelfällen bereits gelungen, die berechtigten Forderungen einzelner Patienten nach Übernahme von Behandlungskosten durch ihre Krankenversicherung zurückzuweisen.

Im vorliegenden Patientenfall des Patienten F. H. (Versicherter und Kläger) fertigte Herr Dr. Y. unter dem Datum vom 31.03.2021 eine ablehnende Stellungnahme zur Vorlage bei der 23. Kammer des Landgericht Köln im Verfahren 23 O 510/20 an. Im Ergebnis ergab die Analyse der Stellungnahme des Dr. Y. (die als Privatgutachten zu betrachten ist), dass es sich um ein in fast jeder Hinsicht falsches Gutachten handelt.

Da im vorliegenden Fall das falsche Gutachten des Herrn Dr. Y. sehr einfach mit dem Gerichtsgutachten von Herrn Prof. Dr. R. R. verglichen werden kann, weicht diese Analyse von den sonstigen Analysen dieser Website www.falschgutachten.info ab.

Nachfolgend wird der Reihe nach auf das Vorbringen des Herrn Dr. Y. eingegangen:

  1. Seite 1 der Stellungnahme vom 31.03.2021
    Dr. Y. teilt mit, dass Herr Prof. Dr. N. "nachweislich", "gesponsert wird von Unternehmen der Dentalindustrie", die u.a. Zahnärzte beliefern, für Fortbildungen, die Versicherungsnehmern und Zahnärzten helfen, sich gegen unberechtigte Leistungsablehnungen der Krankenkassen zur Wehr zu setzen. Was dies mit dem vorliegenden Fall zu tun haben soll, bleibt unklar.
  2. Seite 1 und 2 der Stellungnahme vom 31.03.2021
    Dr. Y. weist darauf hin, dass beim Versicherungsnehmer F. H. laterale basale Implantate abgebrochen sind. Dies führt Dr. Y. darauf zurück, dass ein "extrem durchmesser-reduzierter Implantathals/-Kern bei diesen Implantaten (wie auch bei den BCS-Implantaten) vorliegt", der Frakturen begünstigt. Dieses Risiko habe sich bei Herrn F. H. verwirklicht. Jedenfalls auf der panoramischen Aufnahme vom 07.05.2020, die Herr Dr. Y. zum Beweis seiner Aussage anführt, ist keine Konturunterbrechung an der Basisscheibe eines lateralen basalen Implantats zu erkennen. Es zeigen sich an einigen dieser Implantate lediglich geringfügige Überlastungsosteolysen. Der Hinweis auf am 07.05.2020 vorhandene Frakturen an den Implantaten des Herrn F. H. ist somit falsch.

    Es ist ferner darauf hin zu weisen, dass etwaige "Erfahrungen" oder "Meinungen" des Herrn Dr. Y. aus früheren Zeiten nicht mehr relevant sind, nachdem das fraktursichere Design dieser Implantate entwickelt wurde (Abb. 2).

    Ob und wann es zu Frakturen an Implantaten (aller Art) kommt hängt im Wesentlichen von den folgenden Parametern ab:

    • Kaukräfte des Patienten
    • Zahl der Implantate in Relation zu den Kaukräften
    • Verbindung von Implantaten zu (nicht ortsstabilen) Zähnen
    • Art der Gegenbezahnung
    • Vorhandensein einer vollständigen Gegenbezahnung
    • Kaumuster (einseitig, beidseitig, anterior)
    • Regelmäßige Nachkontrolle zur Vermeidung von Überlastungen an einzelnen Implantaten, v.a. wenn natürlich Zähne im Gegenkiefer vorliegen
    Soweit Dr. Y. nur den Parameter der Dicke von einzelnen Implantatanteilen zur Beurteilung heran zieht, so begeht er hier eine unzulässige Simplifizierung des Sachverhalts.

    1. Dass Dr. Y. laterale basale Implantate (BOI- und Diskimplantate) mit modernen Implantaten der Marken Corticobasal® oder BCS® in einen Topf wirft, zeugt von seinem gebündelten Unwissen: bekanntlich brachen früher laterale basale Implantate entweder am horizontalen Steg oder an dem kraftübertragenden Ring, d.h sie brachen an horizontalen Implantatanteilen. Genau dieses Problem wurde durch die Entwicklung des fraktursicheren Designs später beseitigt. Da BCS® Implantate lediglich basale Gewindeanteile besitzen, die nie brechen, können etwaige Annahmen die auf früher verwendete Designs von lateralen basalen Implantaten zugetroffen haben, keinesfalls auf die BCS® Implantate übertragen werden. Corticobasal® Implantate haben keine horizontalen Scheiben- bzw. Ringanteile und die apikalen Gewinde, die scharf schneidend in die Kortikalis eingreifen, sind schaftnah per se höher als in der Peripherie der Gewinde. Auch die diesbezüglichen Annahmen und Aussagen des Herrn Dr. X. Y. sind somit falsch.
    2. Weiterhin behauptet Herr Dr. Y., dass die Kariesentwicklung und Dezementierung am Zahn 43 durch die sich lockernden lateralen basalen Implantate entstanden sei. Hierzu ist anzumerken, dass gemäß den Statistiken von privaten Krankenversicherern die Haltbarkeit der Überkronungen von Zähnen u.a. von der Anzahl der auf dem gleichen Zahn angefertigten Kronen abhängt. Soweit der Zahn 43 also vor Behandlungsbeginn schon einmal überkront worden war, beträgt die zu erwartende Haltbarkeit im Schnitt 8 Jahre, war der Zahn bereits schon 2 x überkront, dann beträgt die zu erwartende Haltbarkeit der Krone nur 3 Jahre.

      Die Verknöcherung der Implantate im distalen linken Unterkiefer stellt sich auf der Aufnahme vom 07.05.202 besser da als auf der (vermutlich postoperativ angefertigten) Aufnahme aus 2016. Die Annahme des Herrn Dr. X. Y., dass die lateralen basalen Implantate im distalen Unterkiefer von Herrn F. H. locker sind, lässt sich also keinesfalls nachvorziehen. Die Aufnahmen belegen das Gegenteil.
    3. Die Notwendigkeit der Neuversorgung des distalen Unterkiefers ergibt sich jedoch daraus, dass die Gegenbezahnung elongiert ist und dass es deswegen bei den Implantaten im Unterkiefer zu Überlastungsosteolysen gekommen ist. In solchen Fällen kommt es durch die Wechsellasten langsam zu plastischen Verformungen an den horizontalen Scheibenanteilen. Hierdurch reduziert sich die Lebenserwartung der Implantate, die herstellerseitig auf 5 Mio. Lastwechselzyklen ausgelegt werden. Der behandelnde Zahnarzt Dr. M. hat dies offenbar erkannt und er hat deswegen die Neuversorgung im distalen Unterkiefer gleich mit beantragt.
    4. Das Belassen einzelner Zähne (z.B. Zahn 33 und 43) macht bei einer solchen Neuversorgung sicher keinen Sinn. Dies ergibt sich aus dem Vorgenannten zur Haltbarkeit von Werkstücken auf mehrfach nacheinander überkronten Zähnen.
    5. Die Erhaltungswürdigkeit von Restzähnen in Kiefern die ansonsten mit Implantaten versorgt werden, ist anders zu beurteilen als wenn nur auf Zähnen versorgt wird. Dies ergibt sich aus dem IF® Konsensus Nr. 1 zu basalen Implantaten, Ver 5.1 2021 (www.implantfoundation.org):

      "Indikationen zur Entfernung von Zähnen zur Ermöglichung des Strategic Implant®
      Die Entwicklung zuverlässiger Methoden zum Ersatz von Zähnen durch basale Implantate / die Technologie des Strategic Implant® hat den Therapieplan für Behandlungen beinahe im gesamten Bereich der Zahnmedizin enorm verändert. Die Indikationen zur Zahnentfernung sind heute breiter als je zuvor in der Geschichte der Zahnmedizin.

      Die Platzierung von Zahnimplantaten ist eine elektive Intervention. Patienten ziehen heute aus verschiedenen Gründen Implantate (anstelle von Zähnen) in Betracht. Das Ziel der Insertion von Zahnimplantaten ist die Schaffung eines bilateralen gleichmäßigen Kauens sowie die Unterstützung eines harmonischen Gesichtsprofiles beim Patienten. Da die moderne Corticobasal® Implantologie fast keinen vertikalen Knochen erfordert, ist selbst eine schwere Atrophie selten eine Kontraindikation für die Behandlung.

      Die International Implant Foundation IF® erkennt die folgenden Indikationen für die Entfernung von Zähnen an, wenn dies im Hinblick auf eine Gesamtbehandlungsplanung mit dem Ziel der Neuinstallation der Fähigkeit, auf festen Kauflächen bilateral gleich zu kauen, erfolgt und wenn die Ästhetik die Entfernung erfordert. Zahnimplantologie ist sowohl eine medizinische Disziplin als auch angewandte Kosmetik.

      Im Allgemeinen sollten bei Patienten, die Zahnimplantate erhalten, alle Weisheitszähne entfernt werden. Elongierte Zähne (mit oder ohne Elongation des Alveolarknochens), parodontal geschädigte Zähne mit einem Wurzeloberflächenverlust von 20 % oder mehr, Zähne mit Beweglichkeit L1 und mehr sollten entfernt werden. Zähne, die eine Überkronung mit einer zweiten oder dritten Krone erfordern würden sollen entfernt werden. Zähne, deren Position im Kieferknochen verhindert, dass resorptionsstabile Knochenbereiche zur kortikalen Verankerung von Implantaten erreicht und/oder genutzt werden können, um Knochentransplantationen, Knochenaugmentationen und Sinuslifts zu vermeiden sollen entfernt werden.

      Zähne (einschließlich „gesunder Zähne“), die der Patient (aus vernünftigen Gründen) extrahieren möchte, können entfernt werden. Wenn Zähne so in der Mundhöhle positioniert sind, dass bei Bewegungen der Lippe, beim Lachen oder Lächeln die Übergangszone zur Schleimhaut sichtbar wird, ist auf Wunsch des Patienten die Entfernung aus ästhetischen Gründen indiziert. In solchen Fällen wird typischerweise auch Weich- und Hartgewebe vertikal korrigiert. Wenn die Summe der notwendigen Zahnbehandlungen für den Patienten unerträglich oder unbezahlbar erscheint können Zähne extrahiert werden, wenn dadurch Leid vermieden wird und danach ein günstigerer bzw. besserer Ersatz erfolgen kann.

      Im Hinblick auf die Folgekosten einer Zahnbehandlung, v. a. wenn von einer zu erwarteten Haltbarkeit von weniger als sechs Jahren auszugehen ist, sollen die Zähne entfernt werden. Um herausnehmbare Prothesen zu vermeiden, kann der Behandlungsplan die Entfernung weiterer Zähne umfassen, um eine Standardlösung zu installieren, bei der eine hohe Vorhersagbarkeit besteht (Segment, zirkuläre Brücke, Vollversorgung beider Kiefer). Um ein schnelleres Behandlungsergebnis zu erzielen, stabilisierende Querversteifung nicht zu unterbrechen und Heilungszeiten zu verkürzen, sind im allgemeinen Extraktionen angezeigt. Ebenso, wenn erwartet wird, dass zukünftige Elongationen eine Gefahr für das Ergebnis der Behandlung darstellen.

      Die International Implant Foundation IF® unterstützt Patienten in ihren Selbstbestimmungsrechten, wenn sie sich entschieden haben und die Extraktion natürlicher Zähne beantragen, um als Ergebnis eine umfassende Therapie mit implantatgetragenen (festsitzenden) Zähnen zu erhalten. Dies bezieht sich auch ausdrücklich auf Patienten und Fälle, in denen die Entfernung von Zähnen beantragt wird, obwohl diese Zähne gesund sind oder durch eine oder mehrere Disziplinen der Zahnmedizin (z. B. Endodontie, Parodontologie, Chirurgie, prothetische und konservative Zahnheilkunde) "gerettet" werden könnten. Auch wenn eine private oder nationale Krankenversicherung für die Einzelzahnbehandlungen bezahlen würde, um diese Zähne zu "retten".

      Patienten treffen die Entscheidung, ihre Zähne und Teile des Kieferknochens typischerweise unter folgenden Umständen zu entfernen: Die Behandlung mit Zahnimplantaten ist billiger als die kontinuierliche Reparatur von Zähnen und Reparaturen der Reparatur („Re-Dentistry“). Behandlungen mit der Technologie des Strategic Implant® sind wesentlich schneller zu realisieren als herkömmliche Implantatbehandlungen, da viele Termine, potentielle Risiken, Kollateralschäden und Heilungszeiten vermieden werden. Wenn sie sich für das Strategic Implant® entscheiden und auf natürliche Zähne verzichten, kann die Behandlung, die sonst viele Monate oder Jahre dauern würde, innerhalb weniger Tage abgeschlossen sein. Durch das Extrahieren einiger gesunder Zähne werden die kortikalen Knochenareale zugänglich gemacht und somit umfangreiche, teure und riskante Knochenersatzverfahren vermieden.

      Durch das grazile Design und die glatte Oberflächenkonfiguration werden signifikant geringere Anforderungen an die Mundhygiene der Patienten gestellt, wenn Corticobasal® Implantate gewählt werden. Dies gilt im Vergleich zu Zähnen und im Vergleich zu zweiphasigen Implantaten. Die Kosten für die Erneuerung der Brücke nach Jahren halten sich für viele Patienten im vertretbaren Rahmen und sie können im Voraus einkalkuliert werden.

      Eine signifikante Verbesserung der Ästhetik ist möglich, wenn die vertikale Knochenreduktion in der sichtbaren Zone in Kombination mit der Zahnentfernung erfolgt. Die Möglichkeit, Zahnbögen unabhängig von den Kieferknochen in einer ästhetisch und funktionell gewünschten Position zu positionieren, ermöglicht selbst bei festsitzenden Versorgungen erhebliche Verbesserungen der Ästhetik. Nicht wenige Patienten wünschen die Umstellung auf implantatgetragenen Zahnersatz zu einem Zeitpunkt, zu dem ein gutes Einkommen vorliegt. Dies insbesondere wenn die verbleibende Nutzungsdauer für die Zähne gering ist und wenn der Patient erwartet, dass das Einkommen während der Rentenzeiten erheblich niedriger sein wird."


      Hinsichtlich der früher viel häufiger vorgenommenen Kombination von Implantaten mit natürlichen Zähnen erläutert das 1. IF® Konsensusdokument das Folgende:

      "Kombinationen von Implantaten mit natürlichen Zähnen und krestalen Implantaten
      Laterale basale Implantate (sowie lange Schraubenimplantate / BCS®) weisen eine erhebliche konstruktive Elastizität auf und können mit stabilen Zähnen in derselben prothetischen Konstruktion verwendet werden. Ein Nachteil dieser Kombination ist die typischerweise kürzere Lebensdauer der betroffenen Zähne im Vergleich zu den Implantaten. Die Patienten sollen über die Nachteile dieser Kombination und über die Risiken informiert werden. Darüber hinaus muss berücksichtigt werden, dass versagende Zähne unerwünschte Hebel an der Brückenkonstruktion erzeugen.

      Die International Implant Foundation unterstützt Behandlungen mit Konstruktionen, die nur an Implantaten befestigt sind. Fälle sollten, wann immer möglich, gemäß den Standards behandelt werden, d. h. mit zirkulären Brücken oder Standardsegmenten, ohne die Einbeziehung von Zähnen.

      Kombinationen mit zweiphasigen krestalen Implantaten sind möglich. Die unterschiedliche Elastizität zwischen (lateralen) Basalimplantaten und krestalen Implantaten sollte jedoch berücksichtigt werden.

      Wenn eine solche Kombination geplant ist, muss das Ergebnis eine starre Konstruktion sein, um Überlastungen, Brüche und Entzementierungen an den starren, zweiphasigen Pfeilern zu vermeiden. Bei der Planung der Kombination von Corticobasal® Implantaten mit zweiteiligen, krestalen Implantaten sollte eine gründliche Beurteilung (Röntgen- und klinische Inspektion) der krestalen Implantate durchgeführt werden, um deren Prognose hinsichtlich des Vorhandenseins einer Periimplantitis oder des zukünftigen Auftretens dieser Krankheit zu definieren. Im Zweifelsfall sollten zweistufige Implantate lieber entfernt werden."


      Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass die Behandlungsplanung des Zahnarztes/Implantologen Dr. M. korrekt war und dass es indiziert war, laterale basale Implantate sowie die Restzähne zu entfernen. Die in diesem Zusammenhang getroffenen Aussagen und die Annahmen der Herrn Dr. Y. sind falsch.

      Das panoramische Bild vom 07.05.2020 zeigt deutlich, dass die kraftübertragenden Scheiben der lateralen basalen Implantate sich gut verknöchert darstellen, sie sind also „osseointegriert“. Die anderslautende Aussage des Herrn Dr. Y. ist somit falsch.
    6. Im Folgenden wird nun auf die Argumentation des Herrn Dr. Y. betreffend der Verwendung von Implantaten mit einem Durchmesser von 3.5 mm eingegangen.

      In diesem Zusammenhang muss zunächst darauf hingewiesen werden, dass die S2-Konsensusrichtlinie sich ausschließlich auf herkömmliche Implantate beziehen kann, die folgende Merkmale aufweisen:

      • Der nominale Durchmesser von 3.5 mm liegt am oberen, kieferkammnahen Implantatanteil vor
      • Es liegt eine Innenbohrung und ein Innengewinde mit einem Durchmesser von 1.76 – 2 mm vor, um das Abutment befestigen zu können
      • Die Außenform des Implantats ist konisch
      • Das Implantat besitzt ein Außengewinde
      • Das Implantat wird in den spongiösen Knochen eingesetzt
      Die grundsätzliche Problematik dieser Art von Implantaten ergibt sich aus dem Vorgenannten: Selbst wenn die Tiefe des Außengewindes nur 0.15 - 0.2 mm beträgt (auf jeder Seite!), so gehen dadurch 0.3 - 0.4 mm des Außendurchmessers verloren. Wenn die Innenbohrung 2.0 mm beträgt (auch diese Materialmenge fehlt effektiv bei diesem Design), so verbleibt für das Restrohr auf jeder Seite nur 0.75 mm Material (Nenndurchmesser 3.5 mm – Innenbohrung 2.0 mm – Gewinde 0.4 mm = 1.5 mm; 1.5 mm geteilt durch 2 = 0.75 mm). Da das Implantat aber konisch ist, verbleiben am unteren Ende der Innenbohrung oft nur 0.2 mm Rohrdicke und genau deswegen brechen diese Implantate bei hohen Lasten (Seitenzahnbereich) dort, und vor allem dann, wenn die Periimplantitis die Hebelkräfte vergrößert. Diese Implantate brechen somit irgendwo in der Mitte des Implantatkörpers und nach mehr als ca. 2 - 3 Jahren. Diese Art von Fraktur muss als echter Gewaltbruch angesehen werden, er dürfte nicht durch normale Wechsellasten erzeugt werden.

      Das Design des BCS® Implantats ist demgegenüber komplett anders aufgebaut:

      • Es fehlt die Innenbohrung. Stattdessen ist der Implantatkern massiv vorhanden und er verfügt über einen Durchmesser i.H. von 2.0 mm
      • Implantatgewinde sind nur apikal angebracht, sie verankern sich in der sog. 2. Kortikalis. Die Implantatgewinde sind kernseitig höher als in der Peripherie des Gewindes, sie tragen also ganz wesentlich zur Versteifung des Implantatkörpers bei. Dies umso mehr, je grösser der Gewindedurchmesser ist. Dies verdeutlicht die nachfolgende Abbildung:

        BCS® Schneidgewinde
        Abb. 1: Die außen scharfen Schneidgewinde verfügen über eine zentrale große Gewindehöhe, die im Ergebnis das Implantat fast so stabil macht wie ein massiver Metallkörper mit gleichem Durchmesser (dies unter der Annahme, dass die Kräfte rund 500 Ncm betragen oder weniger). Das Gewinde fungiert dabei als Versteifungswendel. Hinzu kommt, dass die scharfen Gewinde in den Kortikalknochen eingreifen, der auch hohe Kräfte elastisch abfedern kann. Aus diesem Grund treten Implantatfrakturen bei BCS® Implantaten die sich in Funktion befinden in der Praxis nur extrem selten auf, wohingegen solche Frakturen bei herkömmlichen 2-phasigen Implantaten an der Tagesordnung sind.

        Skizze fraktursicheres Design
        Abb. 2: In USP 6,991,463 B2 wurden erstmals laterale basale Implantate beschrieben bei denen die Verbindungsstelle zwischen vertikalem Schaft und den kraftübertragenden Ringen verdickt ist (H1). Bei diesem Design kommt es nur noch extrem selten zu Frakturen. Mutmaßlich seltener als bei dünnen herkömmlichen (im Prinzip veralteten) Dentalimplantaten die nach der Methode der „Osseointegration“ funktionieren.
      • BCS® Implantate werden im Durchmesser 2.7 mm – 12 mm produziert. Die Wahl des Durchmessers obliegt dem Operateur
      • Im distalen Unterkiefer werden im Regelfall Durchmesser von 3.5 mm verwendet (in Anwendung der IF-Methode/IFM 5a), wohingegen im distalen Oberkiefer eher Durchmesser von 4.5 bis 12 mm unter Anwendung der IFM 8a und 8b zum Einsatz kommen
      • Je grösser der Durchmesser ist, umso mehr ist mit vertikaler Kondensation des Knochens zu rechnen, womit das Implantat noch zusätzlich im Knochen stabilisiert wird
      • Dadurch, dass der Kerndurchmesser des BCS® Implantats gering ist, verbleibt selbst bei einem Implantatdurchmesser i.H. von 3.5 mm ein Gewindeanteil von 0.75 mm auf jeder Seite. Dies ist ausreichend, um auch hohe Kräfte in den Kortikalknochen zu übertragen
      • Kräfte i.H. von 800 Ncm, wie sie Herr Dr. X. Y. anführt, treten beim Menschen sowieso nie auf. Eine Person mit sehr hohen Kaukräften bringt rund 450 Ncm auf
      Aus dem Vorgenannten ergibt sich, dass BCS® Implantate mit einem Durchmesser i.H. von 3.5 mm im distalen Unterkiefer mit sehr guter Erfolgschancen eingesetzt werden, wohingegen im distalen Oberkiefer gerne (zumindest teilweise) größere Durchmesser zur Anwendung kommen. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang, dass im distalen Oberkiefer der größte Stabilitätsgewinn durch das Einsetzen eines Tuberopterygoid-Implantats erzielt wird. Die Gesamtstabilität ergibt sich also durch die vorteilhafte Kombination verschiedener Implantatkörper mit unterschiedlichen Eigenschaften und Berücksichtigung einer Reihe von Details und Parametern, wobei die einzelnen Implantate unterschiedliche Aufgaben im Rahmen der Gesamtkonstruktion haben. Die Gesamtkonstruktion wird als "BIPS" bezeichnet (BIPS = Bone-Implant-Prosthetik-System). Der Implantologe wird dieses BIPS stets so kreieren, dass es möglichst auf einzelne Implantate (ausgenommen Implantate in strategisch wichtigen Positionen) gar nicht ankommt: entscheidend ist die Gesamtkonstruktion. Deswegen wird die Erstellung eines BIPS auch als individuelle intellektuelle Leistung angesehen bzw. anerkannt:

      "The creation of a BIPS is an intellectual work which is provided by the sum of the treatment providers as well as through each individual treatment provider, namely the surgeon and the prosthetic dr. The intellectual work includes the selection and application of a defined IF-Method, after diagnosing the individual properties of each bone site. This selection as well es the selection of each implant and the decision of the target-cortical and the angle of insertion (relative to the plane of bite) results out of the experience of the treatment provider and on the clinical situation as it is given in the patient case."

      Im Hinblick auf die gutachterlichen Aussagen des Herrn Dr. Y. kann mit Fug und Recht behauptet werden, dass Herr Dr. Y. nicht die geringste Ahnung von der realen Situation der Kraftübertragung und der Funktion bei kortikal verankerten Implantaten hat. Es ist falsch, die Konsensusrichtlinie der DGZMK auf Corticobasal® Implantate anzuwenden, da diese Implantate grundsätzlich anders funktionieren als herkömmliche Implantate, die nach der "Methode der Osseointegration" verwendet werden. Die Unterschiede wurden vorstehend beschrieben. Die "Argumente" des Herrn Dr. Y. können von keinem Experten nachvollzogen werden, sie sind frei und ohne jede Basis zusammen-erdacht worden.
    7. Im Weiteren behauptet Herr Dr. Y., dass es für BCS® Implantate bzw. für schraubbare basale Implantate keine Literatur bzw. keine Langzeitstudien gibt. Dass diese Aussage ebenfalls falsch ist, belegt das umfangreiche und sorgfältig erarbeitete Gutachten der Herrn Prof. Dr. R.R., der als Gerichtsgutachter im vorliegenden Fall fungiert. Er kommt zu folgendem Schluss:
      (Gutachten vom 11.08.2022)
      "Nach intensiver und erweiterter Auswertung von Literatur ab 2011 ergibt sich, dass die Verwendung von Miniimplantaten zur definitiven prothetischen Versorgung in mittelfristiger Beobachtung bis ca. 5 Jahren in etwa die gleichen Überlebensrate bzw. Funktionsfähigkeit wie bei normaldimensionierten Implantaten ermöglichen kann. (…) Miniimplantate zeigen nach der Literatur zumindest mittelfristig (5 Jahre) keine stark divergenten Ergebnisse im Vergleich zu normal dimensionierten Implantaten, wenn sie - unter bestimmten Bedingungen die die Verteilung der Implantate im Kiefer und evtl. eine Pfeilervermehrung angeht - für eine definitive Verankerung von prothetischem Ersatz im zahnlosen Unterkiefer herangezogen werden. (…) Dies gilt auch für die im vorliegenden Fall verwendeten BCS® Implantate, die zwar hinsichtlich ihres Durchmessers im Schaftbereich zu den Miniimplantaten gerechnet werden müssen1, deren Anwendungsprinzip sich aber von den anderen Miniimplantaten mit einem Schraubenanteil lediglich im unteren Drittel des Implantats in möglichst kompakten Knochen verankert, während die oberen zwei Drittel des Implantats sich nicht an der primären Verankerung beteiligen. (…) Es gab keine ausreichende wissenschaftliche Begründung, die Verwendung von BCS-Implantaten für die dauerhafte Versorgung des Unterkiefers generell abzulehnen.(…) Die Versorgung des Unterkiefers mit 9 BCS-Implantaten stellte nach der Entscheidung, dass BCS Implantate verwendet werden sollten, allerdings die sicherste Methode dar, da hier eine optimale Kraftverteilung aus möglichst viele Pfeiler erfolgte und damit die Komplikationsrisiken Implantatbruch oder Überlastung eines Implantats2 mit der Folge einer Lockerung nach ärztlichem Ermessen so weit wie möglich vermindert wurde."

      Damit sind alle Aussagen des Herrn Dr. Y. lückenlos und mit wissenschaftlicher Präzision widerlegt. Insgesamt hat der Gerichtsgutachter 33 einschlägige Literaturstellen gefunden, die sich auf BCS® Implantate oder von der Bauart her ähnliche Implantate beziehen. Herr Dr. Y. verneinte hingegen das Vorhandensein von Literatur, er findet nichts!

      Im Archiv der International Implant Foundation IF® (München) finden sich mehr als 380 internationale Literaturstellen und eine Analyse nach Jahren zeigt, dass Literatur zur Corticobasal® Implantaten immer häufiger erscheint:

      Statistik Anzahl Publikationen Corticobasal® Implantologie nach Jahren
      Die International Implant Foundation IF® hat seit 2006 insgesamt 8 einschlägige Konsensus-Dokumente zu verschiedenen Themen der Methode der Osseofixation im Kieferbereich entwickelt. Diese Konsensusdokumente werden durch ein Expertengremium regelmäßig überarbeitet und die meisten Dokumente sind in viele Sprachen übersetzt worden.

      Die Äußerungen des Herrn Dr. Y. über diese fundierten wissenschaftlichen Dokumente (die er offenbar nicht einmal kennt) sind herabsetzend und in keiner Weise vertretbar.

Zusammenfassung

Diese Analyse zeigt, dass Herr Dr. X. Y. als Beratungsarzt einer deutschen privaten Krankenversicherung offenbar jederzeit bereit ist, frei erfundene und wissenschaftlich nicht begründbare Argumentationen vorzutragen, wenn es darum geht, die Leistungspflicht seiner Auftrags- und / oder Arbeitgeberin zu verneinen. Herr Dr. Y. und seine Auftraggeberin missbrauchen dabei das deutsche Gerichtswesen, indem sie immer wieder die gleichen Leistungsablehnungen veranlassen und anschließend versuchen, der Leistungspflicht der Krankenkasse zu entkommen. Sie hoffen dabei, dass der betroffene Versicherte sich nicht zu einem Fachanwalt begibt, sondern versucht, den Rechtsstreit mit Hilfe eines Hausanwalts zu bewältigen. Deswegen kommt es gelegentlich sogar zu (aus Sicht der Krankenversicherung) positiven Prozessverläufen, wie im Fall des Urteils des LG Memmingen vom 17.07.2020, welches durch einen komplett kenntnislosen Gerichtsgutachter herbeigeführt wurde, der gar nicht die Voraussetzungen erfüllte, die der BGH in seiner Entscheidung vom 06.06.2019 - III ZB 98/18 für Gutachter forderte.

Eben weil deutsche Krankenkassen sehr gut informiert sind und durch willfährige Falschgutachter unterstützt werden, und weil sie hoch motiviert sind jegliche Kosten zu vermeiden, kann jedem Patienten nur geraten werden, sich durch einen medizinischen Fachanwalt vertreten zu lassen.

1) Diese Ausführung des Gerichtsgutachters sind nicht nachvollziehbar, da alle Implantate nach jeder existierenden Norm stets nach dem max. Außendurchmesser bezeichnet werden, und dieser Außendurchmesser liegt beim BCS® Implantat eben apikal. Würde man der Ansicht des Gutachters folgen, dann wäre auch ein BCS® Implantat 12 12 (Gewindedurchmesser 12 mm (!), enossale Länge 12 mm) ein Miniimplantat, nur weil der Schaft- bzw. Halsdurchmesser lediglich 2 mm beträgt. Damit wären praktisch alle einteiligen Implantate (basale Schrauben und Kompressionsschrauben, egal mit welchem enossalen Durchmesser ebenfalls "Mini-Implantate", nur weil der trans-mukosale Hals-Durchmesser lediglich 2 mm beträgt. Das kann nicht sein und das ist nicht so. Der Begriff Mini-Implantat ist auf Corticobasal® Implantate per se nicht anwendbar, weil die Implantate anders aufgebaut sind als herkömmliche Implantate, die nach der Methode der Osseointegration funktionieren und eben nicht kortikal osseofixiert sind.

2) Anmerkung der Redaktion: gemeint ist die Überlastung des Knochens um das Implantat herum im Sinne einer Überlastungsosteolyse